Interview mit Sharon Lars Steffens

Es folgt ein Interview mit Sharon Lars Steffens, geführt von der aus Litauen stammenden und in London lebenden Journalistin und Schriftstellerin Jolita Kelias. Das Original in englischer Sprache wurde auf www.jolitakelias.com am 14. Mai 2011 veröffentlicht.

 

„Die Musik drückt das aus, was nicht gesagt werden kann und worüber zu schweigen unmöglich ist.” – Victor Hugo

 

Diese junge, schöpferische Seele ist einzigartig und unglaublich bescheiden. Seine Musik, von ihm selbst gespielt – mal stürmisch, mal zart – berührt, inspiriert und bahnt sich immer einen Weg zum Herzen des Zuhörers.
Sharon Lars Steffens, Pianist und Autodidakt, oder besser gesagt: Audio-Didakt ist ein Improvisationstalent. Er schöpft seine Musik aus dem Moment heraus für den Moment, und wenn sie nicht aufgezeichnet wird, geht sie im Laufe der Zeit verloren. Am ehesten kann man ihn und sein musikalisches Talent mit seinen eigenen Worten beschreiben: Ich bin Musik.

 

Was bedeutet Musik für Sie?

 

Ich bin mit Musik aufgewachsen. Als ich drei Jahre alt war, habe ich angefangen, klassische Musik zu hören, mit fünf begann ich, Klavier zu spielen; später auch Klarinette, um im Orchester mitspielen zu können. Zu meinen Schulzeiten fing ich an, mir über das Klavier eine sehr persönliche Möglichkeit zum Selbstausdruck zu schaffen, und zwar besonders dann, wenn ich keine andere Möglichkeit mehr gesehen habe, mich mitzuteilen.

 

Als ich anfing, Physik zu studieren, habe ich ungefähr zwei Jahre lang keine Musik gemacht. Später habe ich das Spielen wieder aufgegriffen, dann aber mit Improvisieren… Vor fünf Jahren habe ich auf dem Klavier eine Improvisation über einen meiner Freunde gespielt und dieser Freund war sehr beeindruckt von dem, was ich ihm vorspielte und auch über das, was ich ihm gesagt habe, über die Dinge, die ich beim Spielen vor meinem inneren Auge gesehen habe.

 

Vor einiger Zeit fing ich an, mich für Spiritualität zu interessieren. Ich hatte das große Glück, Menschen zu begegnen, die mich seitdem auf diesem Weg führen und begleiten. Diese neue Erfahrung hat mir bis dahin unbekannte Zugänge zu meiner schöpferischen Kraft eröffnet. Oft bekomme ich die Rückmeldung, dass meine Zuhörer von meiner Musik tief berührt sind… Während ich spiele, ist das nicht unbedingt meine Absicht. Ich bringe lediglich die Musik, die in mir und um mich herum ist, zum Ausdruck.

 

Sie haben Physik studiert? Warum gerade Physik?

 

Ich fing an, mich für Physik zu interessieren, nachdem ich im Alter von zwölf Jahren eine Art mystisches Erlebnis hatte, und zwar in Bezug auf die Frage ‚Was ist Zeit?’. Mein Vater gab mir ein Buch über Physik und ich fing an, mich aus eigenem Interesse mit fortgeschrittener Physik und Mathematik zu beschäftigen, um dort Antworten auf meine Fragen zu bekommen. Nach meinem Schulabschluss entschied ich mich dann, Physik zu studieren. Meine Diplomarbeit habe ich über ein Thema aus der Quantenphysik geschrieben. Danach habe ich im Bereich der Nanoelektronik gearbeitet.

 

Das ist ja sehr erstaunlich… Kommen wir zurück zur Musik. Was empfinden Sie, wenn Sie spielen? Wie kommt all das zu Ihnen?

 

Die Musik ist einfach da, ich muss sie nur aufgreifen. Ich lasse jeden Gedanken los und auch die Umgebung, in der ich mich befinde und erlaube es der Musik, zu geschehen… Meine Finger wissen, wie und was sie zu spielen haben. Währenddessen entstehen einige ergänzende musikalische Ideen, die für mich so etwas wie eine grobe Richtschnur sind.

 

Ich empfinde das Improvisieren als ganz natürlichen Zustand. Ich begebe mich einfach in den Fluss. Üblicherweise bekomme ich Informationen über das Thema, über das ich spiele; das können innere Bilder oder Gefühle sein. Es ist für mich wie eine Meditation.

 

Schauen Sie beim Spielen auf die Tasten?

 

Meistens ja. Manchmal schließe ich die Augen, um meine inneren Bilder klarer zu sehen (oder manchmal, wenn ich vor Publikum spiele, schaue ich hin und wieder auf die Zuhörer, nur um zu sehen, ob sie noch da sind :-)).

 

Über welches Thema spielen Sie am häufigsten?

 

Das ist ganz unterschiedlich. Im Allgemeinen improvisiere ich über alltägliche Dinge, von einem spirituellen Blickpunkt aus gesehen… In meinen letzten Konzerten habe ich die Zuhörer aufgefordert, mir Themen zu nennen, zu denen sie mich spielen hören wollen. Außerdem spiele ich konkret für und über bestimmte Personen so genannte Klangporträts.

 

Ein Klangporträt… Was ist das?

 

Ein Klangporträt ist ein Musikstück, in dem ich über das Wesen der betreffenden Person spiele. Ich setze das spirituelle Sein dieser Person in Musik um. Damit kann ich den Menschen helfen, einen Eindruck von der Schönheit ihres Wesenskerns zu bekommen.

 

Also, wenn Sie jetzt, sagen wir mal, ein Klangporträt über mich oder von mir spielen sollten, was glauben Sie, um welches Thema es gehen würde und wie käme es zu Ihnen?

 

Wenn ich Sie klanglich porträtieren würde, wären Sie das Thema. Es würde einzig und allein um Sie gehen. Ich will damit sagen, das Klangporträt würde von Ihren Herzensqualitäten, von Ihrer Seele erzählen. Die Informationen kommen zu mir, indem ich mein Herz für Sie öffne, Sie spüre, eine Verbindung zu Ihrem Wesen aufnehme. Und dann würde ich anfangen zu spielen, und durch meine Finger würden die Botschaften des Herzens fließen und musikalisch zum Ausdruck kommen. Ich glaube nicht, dass es erforderlich ist, ein bestimmtes Thema zu benennen, weil alles in der Musik enthalten ist. Und um die Botschaft zu empfangen ist nicht der Intellekt wichtig, sondern einzig und allein das Herz.

 

Einmal haben Sie für mich gespielt, als wir über Skype telefoniert haben. Diese Musik, die durch Sie floss, und die so wunderschön anzuhören war… Was war das? Haben Sie da schon von mir gespielt, oder muss die Person, von der Sie spielen, in Ihrer Nähe sein, damit Sie diese besonderen Empfindungen wahrnehmen können?

 

Klangporträt von Jolita Kelias, erstellt von Sharon Lars Steffens

Ja, ich habe von Ihnen gespielt. Ich kann grundsätzlich über Menschen spielen, auch wenn sie nicht in meiner Nähe sind, ohne irgendeinen physischen Kontakt zu ihnen zu haben. Wir sind ja alle miteinander verbunden…

 

Als ich Sie im März dieses Jahres in Deutschland getroffen habe, habe ich Sie gefragt, wie lange Sie für die Komposition Ihrer Musik brauchen. Und die Antwort hat mich wirklich sehr überrascht, so dass ich Ihnen die gleiche Frage noch mehrere Male gestellt habe. Sie sagten mir, dass Sie nur drei bis fünf Minuten bräuchten, um dieses erstaunliche Musikstück zu kreieren, mit anderen Worten so lange, wie das Stück dauert, das Sie spielen. Daher ist hier meine nächste Frage: Können Sie das Stück noch einmal spielen? Erinnern Sie sich an das, was Sie gespielt haben?

 

Nein, normalerweise erinnere ich mich nicht an das, was ich gespielt habe und ich kann es daher nicht genau so noch einmal spielen. Daher ist es jedes Mal anders. Das macht auch Sinn, weil ich ja einen ganz bestimmten Moment einfange. Dennoch würde ich meine Musik gerne schriftlich in Noten festhalten, so dass andere sie auch spielen könnten. Zurzeit nehme ich meine Improvisationen auf und speichere sie auf CD.

 

Ich besitze eine Ihrer CDs mit dem Titel “Day and Night”. Sharon, sie ist wunderschön. Ich höre sie sehr oft, besonders am Abend. Wenn Sie sich Ihre eigene Musik anhören, sind Sie überrascht über das, was Sie hervorgebracht haben – ein solch wunderbares Musikstück?

 

Oh ja, normalerweise bin ich das.

 

Wenn ich eine Ihrer CDs kaufen möchte, wo kann ich sie bekommen?
Derzeit können Sie meine CDs bei iTunes oder Amazon herunterladen. Außerdem bin ich gerade dabei, neue CD- und DVD-Projekte umzusetzen, die schon bald in meinem Online-Shop www.blessed-gifts.de erhältlich sein werden, wie auch einige Aufnahmen meiner Konzerte.

 

Was – außer Musik – ist Ihnen noch wichtig in Ihrem Leben?

 

Ich betrachte Spiritualität als die Grundlage meines Lebens. Mit Spiritualität meine ich, von innen heraus zu leben, aus dem Herzen leben, und zwar im Alltag – und dabei den Grundsätzen des „Erkenne Dich Selbst” zu folgen. Spiritualität ist, neben Musik und Physik, eines der wichtigsten Dinge in meinem Leben.

 

Für mich selbst hat die Reise zu meinem inneren Wesenskern angefangen, als ich während meines Studiums eine sehr bewegte Phase meines Lebens durchgemacht habe. Jetzt, nachdem sich die Wogen geglättet haben, und ich dank dieser Erfahrung den Weg meines Herzens wiederentdeckt habe, bin ich auch als spiritueller Berater für andere Menschen da. Ich unterstütze sie durch meine Begleitung, dem Weg ihres Herzens zu folgen. Und meine Musik spielt bei dieser Arbeit eine wichtige Rolle.

 

Es ist erstaunlich zu hören wie es durch Musik möglich wird, die Menschen in ihrem Innersten zu berühren. In unserem Gespräch haben Sie mir etwas sehr Tiefgreifendes gesagt. Sie sagten: Ich bin Musik. Als ich das hörte, habe ich eine Gänsehaut bekommen. Fühlen Sie Musik nur, wenn Sie am Klavier sitzen, oder spüren Sie sie auch sonst in sich?

 

Die Welt um uns herum ist Musik. Alles ist Klang und ich spüre das immer. Das Wort Spüren ist das einzige Wort, das erklären kann, wie all das zu mir kommt und durch mich hindurch strömt. Ich fühle das. Normalerweise höre ich Musik nur, wenn ich mich dafür entscheide, sie zu hören oder zu spielen, aber das Gefühl an sich ist immer da.

 

Verspüren Sie auch spontan während eines Konzerts dieses Gefühl, Musik zu sein?
Ja, genau so improvisiere ich. Für meine ersten Konzerte hatte ich noch das Gesamtthema und die Namen der einzelnen Stücke festgelegt. Während des Konzerts habe ich dann die Stücke des Programms frei gespielt. Seit einiger Zeit bitte ich nun meine Zuhörer um Themenvorschläge, die ich dann erfasse, mit meinen Improvisationen fülle und dem Publikum darbiete. Das heißt, mittlerweile entstehen sogar die Themen und Titel meiner Musikstücke spontan.

 

Wie sehen Sie sich selbst in, sagen wir, fünf Jahren? Was glauben Sie, wohin Sie Ihr schöpferisches Talent führen wird?

 

Ich sehe mich weiterhin am Klavier improvisieren, denn das ist genau meine Art und Weise, mich kreativ auszudrücken. Auch sehe ich mich als spiritueller Berater, der andere Menschen auf ihrem eigenen Weg des „Erkenne Dich Selbst” begleitet. Ich möchte meine Beratungstätigkeit weiter ausbauen und vermehrt Seminare und Workshops anbieten, die meine schöpferische Arbeit mit Musik zum Inhalt haben.

 

Meine Vision ist es, in der ganzen Welt Konzerte zu geben und Musikstücke zu schaffen, die die Menschen im Herzen berühren, für ganz unterschiedliche Anlässe und auch, mit anderen Künstlern zusammenzuarbeiten. Gerade jetzt bin ich dabei, die Bilder einer polnischen Malerin zu vertonen. Ich kann mir auch gut vorstellen, eines Tages Musik für Filme oder Musicals zu komponieren und vieles mehr. Es gibt unzählige Möglichkeiten.

 

Ich sehe eine tiefe Verbindung zwischen meiner Arbeit als spiritueller Berater und als Musiker. Schauen wir mal, ob in diese Konstellation auch noch die Quantenphysik hineinpasst…

 

Was meinen Sie, wenn Sie sagen, dass Sie Bilder vertonen?
Ich meine damit so etwas wie ein Klangporträt für Bilder. Die polnische Malerin beispielsweise war in einem meiner Konzerte, sie hat mich danach angesprochen und gefragt, ob ich für eines ihrer Bilder die dazugehörige Musik komponieren könnte. Sie war vom Ergebnis so begeistert, dass wir jetzt an einer Art Multimedia-Projekt arbeiten, bei dem einige ihrer Werke mit meiner Musik vertont werden, so dass der Betrachter auch zum Zuhörer des Bildes wird. Mit anderen Worten: Das Bild bekommt eine Stimme, mit der es sich ausdrücken kann.

 

Sharon, alles was Sie machen, hat so etwas Einzigartiges. Ich würde sehr gerne einmal eines Ihrer Konzerte besuchen. Am liebsten würde ich Sie in London spielen hören.

 

Ja, ein Konzert in London ist eine großartige Idee! Zumal ich ja sowieso gerade dabei bin, Konzerte in größerem Stil zu planen. Warum also nicht?

 


Zum Klangporträt von Jolita Kelias, erstellt von Sharon Lars Steffens
YouTube Link: http://youtu.be/yEAqDi2oPOE

Originalinterview in englischer Sprache:
http://www.jolitakelias.com/interview-with-sharon-lars-steffens-i-am-music-2/

© Jolita Kelias, 2011